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Kapitel 8

Übungen

In diesem Kapitel finden sich Übungen die Ihnen beim Erlernen der Grundlagen des Schlossöffnens helfen. Einige Übungen widmen sich Einzelfähigkeiten wie dem Zählen der Stifte, andere sollen die Koordinierung von Fähigkeiten entwickeln. Sie benötigen für diese Übungen einen billigen Schliesszylinder mit Stiftzuhaltung, einen Spanner, einen Halbdiamant, eine Schlange. Konzentrieren Sie sich auf das Erlangen der Fähigkeiten, nicht auf das Öffnen des Schlosses wenn Sie diese Übungen machen. Wenn Sie ein Schloss öffnen wollen nehmen Sie ein extrabilliges Vorhangschloss vom Flohmarkt das mit einer Büroklammer aufgeht. Sollten Sie keins haben und sich deshalb auf die Öffnung ihres Schlosses konzentrieren, so wird Sie das frustrieren und Ihr Gehirn wird mit dem Lernen aufhören. Das Ziel jeder Übung ist, etwas über das jeweilige Schloss zu lernen und auch über sich selbst. Falls sich ein Schloß öffnet, versuchen Sie sich an das zu erinnern was Sie kurz vor dem Öffnen gefühlt, gehört und gemacht haben. Üben Sie maximal 30 Minuten. Spätestens wenn Ihre Finger schmerzen und Sie keine entspannte Konzentration mehr erreichen sollten Sie eine Pause machen.

8.1 Übung 1: Stifte zählen
Nehmen Sie den Halbdiamant in ihre bevorzugte Hand und richten Sie seine flache Seite so aus, dass Sie alle Stifte gleichzeitig damit berühren können. Schieben Sie den Halbdiamant in den Schließkanal bis seine flache Seite sicher alle Kernstifte berührt. Wenden Sie kein Drehmoment an. Drücken Sie jetzt alle Stifte ganz in das Schlossgehäuse. Hören Sie auf das Klick das jeder Stift beim Herausspringen macht wenn Sie das Öffnungswerkzeug langsam aus dem Schliesskanal ziehen. Wieviel Mal hat es Klick gemacht? Haben sich alle Klicks gleich angehört? Jedes Klick kommt von einem anderen Stift. Wenn Sie kaum etwas hören ist ihr Schloss möglicherweise sehr schmutzig. Wiederholen Sie diese Übung einige Male am gleichen Schloss und versuchen Sie die gleiche Übung an einigen anderen Schlössern. Hören Sie Unterschiede? Alle Klicks aus einem Schloss sollten sich gleich anhören, wenn das nicht so ist, gibt es Unterschiede im Stift und Federzustand.

8.2 Übung 2: Springenlassen des Werkzeuges
Um zu erlernen wie man einen gleichbleibenden Druck auf die Stifte bringt während sich das Öffnungswerkzeug bewegt, machen Sie bitte die folgende Übung. Benutzen Sie die Schlange abwechselnd mit dem Halbdiamanten und ein offenes Schloss. Achten Sie nur auf die Spitze, den aktiven Teil des Öffnungswerkzeuges, der die Stifte berührt. Versuchen Sie das Öffnungswerkzeug mit Daumen und Mittelfinger am vorderen Teil des Griffes so zu halten dass sich der hintere Teil zwischen Daumen und Zeigefinger abstützt. Legen Sie den Zeigefinger auf den Griff und erzeugen und erfühlen Sie den Druck mit dem Zeigefinger. Der Ellbogen und das Schultergelenk sollten Sie nicht bewegen, da Sie mit diesen Gelenken nicht die erforderliche Genauigkeit erreichen werden kann um einen gleichmässigen Druck auszuüben. Während Sie ein Schloß harken, merken Sie sich Ellbogen und Schultergelenk sind fest. Die beweglichen Gelenke stellen den Druck bereit. Der Zeigefinger misst den Druck. Eine Weise, das Öffnungswerkzeug zu halten, ist, zwei Finger zu benutzten, um einen Drehpunkt bereitzustellen. Ein dritter Finger dient als Hebel, um am Öffnungswerkzeug den Druck bereitzustellen. Welche Finger Sie benutzen, ist eine Sache ihrer persönlichen Wahl. Ein anderer Weg wäre, das Öffnungswerkzeug wie einen Bleistift zu halten. Mit dieser Methode stellt Ihr Handgelenk den Druck bereit. Wenn Ihr Handgelenk den Druck bereitstellt, sollte Ihre Schulter und Ihr Ellbogen die Kraft bereitstellen, das Öffnungswerkzeug in und aus dem Schloß zu bewegen. Benutzen Sie Ihr Handgelenk nicht dazu, das Öffnungswerkzeug sowohl zu bewegen, als auch damit Druck auszuüben. Wenn Sie kein offenes Schloss haben kehren Sie später wieder zu dieser Übung zurück. Um sich daran zu gewöhnen, wie es sich anfühlt, wenn das Öffnungswerkzeug beim Harken im Schliesskanal auf festen Stiften abprallt sollten Sie das einmal an einem offenen Schloss versuchen. Wenn die Stifte nicht hinunter gestossen werden können, muss sich das Öffnungswerkzeug an die Höhen der Stifte anpassen. Halten Sie das offene Schloß so, dass die Kernstifte in den Schliesskanal fallen und versuchen Sie zu erfühlen daß die Stifte klappern, wenn sich das Öffnungswerkzeug über Sie bewegt. Bewegen Sie das Öffnungswerkzeug schnell, können Sie es klappern hören. Dieses gleiche Klappergefühl wird ihnen einen korrekt gesetzten Stift anzeigen helfen, vorausgesetzt Sie halten das Schloss mit den Gehäusestiften nach oben. Denn nur dann können frei bewegliche Kernstifte auf ihre Stifthalter fallen. Kernstifte können beim Öffnungsversuch in das Gehäuse eintreten und dort klemmen, man nennt dies zu tief gesetzt.

8.3 Übung 3: Der nötige Druck zur Öffnung
Mit dieser Übung lernen Sie wie man den richtigen Druck auf das Öffnungswerkzeug herausfindet. Drücken Sie anfangs nur wenn Sie das Werkzeug aus dem Schloß ziehen. Wenn das sitzt, versuchen Sie diesen Druck auch beim hineinschieben anzuwenden. Beginnen Sie mit Spanner und Halbdiamant, aber wenden Sie kein Drehmoment an. Ohne Drehmoment drücken Sie Stift eins des Schlosses mit der flachen Seite des Halbdiamanten zur Hälfte in das Schlossgehäuse. Dies ist der Minimaldruck den Sie anwenden sollten. Er entspricht etwa der Federkraft des ersten Stiftes. Die Federkraft erhöht sich geringfügig, wenn man einen Stift nach unten drückt. Versuchen Sie die Erhöhung dieser Kraft zu spüren, das wird nicht einfach sein. Drücken Sie ohne Drehmoment Stift 5 mit der Spitze des Halbdiamanten halb herunter. Wenn Sie den Pick aus dem Schloß ziehen, versuchen Sie genügend Druck zu geben, um alle Stifte auf dem Weg nacheinander herunterzudrücken. Wie fühlt es sich das an? Geben Sie jetzt ganz wenig Drehmoment auf den Schlosskern und wiederholen Sie den Vorgang. Bemerken Sie den Unterschied.
Ohne Drehmoment auf den Kern werden die Stifte wieder zurückspringen nachdem das Öffnungswerkzeug Sie passiert hat. Hören Sie auf das Klick, das die Stifte machen, wenn Sie wieder herausspringen. Beachten Sie auch wie das Öffnungswerkzeug das Federgefühl meldet, wenn es beim herausziehen auf jeden weiteren Stift herunterdrückt.
Um Ihnen zu helfen, sich auf diesen Sinneseindruck zu konzentrieren, versuchen Sie so die Zahl der Stifte im Schloß zu zählen. Die Schliesszylinder wie Sie in Deutschland verwendet weden haben meistens fünf Stifte. Vorhängeschlösser haben zwischen drei und sechs.

8.4 Übung 4: Das nötige Drehmoment
Diese Übung wird ihnen beim Einstellen des nötigen Drehmomentes helfen. Sie gibt ihnen ein Gefühl für die Wechselwirkung zwischen Drehmoment und Druck die in Kapitel 5 beschrieben wurde. Benutzen Sie ein Schloss mit einfachen zylindrischen Kernund Gehäusestiften.
Das kleinste sinnvolle Drehmoment sollte gerade groß genug sein um die Reibung des Schloßkerns beim Rotieren im Gehäuse zu überwinden. Sie finden ein Beispiel für dieses Drehmoment wenn Sie den Schlosskern eines bereits geöffneten Schlosses mit dem Spanner drehen. Wenn das Schloss noch zu ist benutzen Sie den Spanner um den Schloßkern zu drehen bis er hält. Beachten Sie, wie wenig Spannung gebraucht wird um den Schloßkern dieses kleine Stück zu bewegen bevor er von den Stiften gesperrt wird. Diese Kraft kann recht hoch für Schlösser sein, die im Regen liegengelassen wurden. Bei Vorhängeschlösser ist das kleinste Drehmoment aus der Reibung des Kerns im Gehäuse und der Kraft der Riegel-Rückstellfeder zusammengesetzt. Es gibt auch Vorhangschlösser die keine Riegel-Rückstellfeder besitzen. Um ein richtiges Gefühl für das grösste Drehmoment zu bekommen, benutzen Sie die flache Seite des Halbdiamanten. Drücken Sie alle Stifte herunter. Versuchen Sie nun soviel Drehmoment zu erzeugen, dass alle Stifte dort unten bleiben, wenn Sie den Pick wieder herausgenommen haben. Wenn sich der Spanner verbiegt werden nicht alle Stifte im Gehäuse eingeklemmt bleiben. Falls Sie zu viel Drehmoment und zu viel Druck beim Harken verwenden, werden die Kernstifte zu weit in das Gehäuse gedrückt. Das Drehmoment reicht aus Sie dort zu halten.
Die richtige Spannung zum Öffnen finden Sie, wenn Sie beim Harken mit dem Öffnungswerkzeug das Drehmoment mit dem Spanner langsam erhöhen. Einige der Stifte werden sich jetzt schwerer in das Gehäuse drücken lassen. Erhöhen Sie die Spannung, bis einige der Stifte gesetzt sind. Gesetzte Stifte erkennen Sie daran, dass Sie nicht von der Federkraft in ihren Stifthalter zurück gedrückt werden. Mit der Schlange oder dem Halbdiamanten ist es nicht schwieriger gesetzte Stifte zu erkennen als mit dem Haken. Behalten Sie die Spannung bei und harken Sie über die Stifte, um zu sehen ob sich noch andere Stifte setzen lassen. Der häufigste Fehler von Anfängern ist, daß zu viel Drehmoment angewendet wird.

8.5 Übung 5: Identifizieren von gesetzten Stiften
Das Finden gesetzter Stifte ist eine sehr wichtige Fähigkeit, die Sie nach einiger Übung sicher beherrschen werden. Betrachten wir nochmals das Kraftdiagramm (Abbildung 5.5).

8.5.1 So identifizieren Sie einen gesetzten Stift:

  1. Sie halten das Drehmoment konstant.
  2. Der Stift bringt dem Pick (nehmen Sie den Haken) nur noch die Federkraft entgegen.
  3. Der Stift lässt er sich nur ganz wenig gegen die Federkraft bewegen bevor die Kraftspitze eine weitere Bewegung vorerst verhindert.
  4. Wenn Sie den leichten Druck gegen die Federkraft wegnehmen kommt der Stift ganz wenig in Richtung Kern zurück.
  5. Er springt nicht auf seinen Stifthalter zurück wenn Sie das Schloss mit den Federn nach unten halten.
  6. Er fällt auf seinen Stifthalter zurück wenn Sie das Schloss mit den Federn nach oben halten.

Wenn das Schloß mit den Federn nach oben gehalten wird, klappern gesetzte Stifte beim Antippen mit dem Öffnungswerkzeug, jedoch tun dies auch Kernstifte deren Gehäusestift noch Bindung hat. Versuchen Sie trotzdem auf dieses Geräusch zu achten. Sie können den Schliesszylinder auch schütteln um die Menge gesetzter Stifte schnell abzuschätzen. Halten oder erhöhen Sie das Drehmoment beim Schütteln.
Lassen Sie die Schlange über die Stifte gleiten, geben Sie etwas Spannung und versuchen Sie zu entscheiden, ob die Stifte auf der Vorder-, der Rückseite, vorn und hinten, oder in der Mitte des Schlosses schon gesetzt sind. Versuchen Sie mit verschiedenen Öffnungswerkzeugen genau zu identifizieren, welche Stifte gesetzt sind.
Versuchen Sie diese Übung auch so zu wiederholen, daß Sie den Schloßkern in die andere Richtung drehen. Wenn sich zuerst die vorderen Stifte bei rechtsdrehung setzen, setzen sich die hinteren Stifte bei Linksdrehung. Sehen Sie sich dazu nochmals die Lage der Lochachsen an.
Betrachten Sie zur Erklärung Abbildung 6.2.
Ein Weg zur Prüfung der Anzahl gesetzter Stifte ist, beim Nachlassen der Spannung die Klicks der Stifte zu zählen, wenn Sie in ihre Ausgangsposition schnappen. Versuchen Sie den Unterschied im Ton zwischen dem Schnappen eines Einzelstiftes und dem von zwei Stiften sofort zu bemerken. Ein Stift, der zu tief gesetzt wurde, wird möglicherweise auch klicken.
Versuchen Sie diese Übung mit unterschiedlichen Beträgen von Drehmoment und Druck auszuführen. Bemerken Sie daß ein größeres Drehmoment einen größeren Druck erfordert um die Stifte korrekt zu setzen? Ist der Druck mit dem Öffnungswerkzeug zu hoch, werden die Kernstifte ins Gehäuse gedrückt und dort festgehalten.

8.6 Übung 6: Projektionen
Versuchen Sie sich bei dieser Übung vorzustellen was passiert. Es muss noch kein Schnittbild des Schlosses vor dem geistigen Auge sein. Ein grobes Verständnis davon reicht, welche Stifte gesetzt sind und auf wieviel Widerstand Sie bei jedem Stift treffen. Diese Vorstellung entwickeln Sie durch Erinnern der Rückmeldungen aus einem Schloss das Sie schon mehrmals geöffnet haben. Wenn sich ein Schloß öffnet, denken Sie nicht, „das ist geschafft“, denken Sie lieber „Was ist hier passiert“.
Für diese Übung brauchen Sie ein Schloß, daß Sie leicht öffnen können. Es wird Ihnen helfen, die visuellen Fähigkeiten zu verfeinern, die Sie brauchen, um ein Schloß meisterlich zu öffnen. Öffnen Sie das Schloß, und versuchen Sie sich zu erinnern, wie sich dieser Prozeß anfühlte. Trainieren Sie in Ihren Verstand, wie sich alles anfühlt, wenn das Schloß richtig geöffnet wird. Letztendlich sollten Sie einen Film vor ihrem geistigen Auge erschaffen, der den Prozeß vom Öffnen des Schlosses aufzeichnet. Stellen Sie sich die Bewegungen Ihrer Muskeln vor, wie Sie den korrekten Druck und die richtige Spannung anwenden und fühlen Sie denWiderstand, der vom Öffnungswerkzeug entgegengebracht wird. Öffnen Sie jetzt das Schloß nochmals, um ihre Handlungen in den Film aufzunehmen.
Durch Wiederholen dieser Übung lernen Sie, wie man detaillierte Befehle für die Muskeln formuliert und wie man die Rückkopplungen von den Sinnen interpretiert. Das mentale Üben hilft ein visuelles Verständnis des Schlosses aufzubauen und die wichtigsten Schritte zu erkennen die ein Schloß öffnen.

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